Wird die Wasserversorgung und Schmutzwasserversorgung demnächst aus Steuereinnahmen finanziert?
Das Brandenburger Kommunalabgabengesetz schreibt in § 6 vor:
Benutzungsgebühren sind zu erheben, wenn eine Einrichtung oder Anlage überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dient, sofern nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Im Übrigen können Gebühren erhoben werden. Das veranschlagte Gebührenaufkommen soll die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage nicht übersteigen und in den Fällen des Satzes 1 in der Regel decken.
Der Zweckverband Komplexsanierung mittlerer Süden (KMS) ist derzeit weit davon entfernt, kostendeckende Gebühren zu erheben. Die dadurch entstehenden Defizite müssen die Mitgliedskommunen tragen. 2025 werden das zusammen mehr als 8.000.000 Euro sein. Es gibt für diese erneuten Umlagen nach mehr als 20 Jahren verschiedene Ursachen.
Eine Ursache für die hohen Umlagen-Zahlungen liegt darin begründet, dass im Verband sehr viele Bürger ihre Rechte wahrnehmen und eine Erhebung von Gebühren gerichtlich überprüfen lassen. Die Masse führt dann auch zu hohen Verlusten.
Eine weitere Ursache liegt in der langen Verfahrensdauer vor den Brandenburger Verwaltungsgerichten. Dafür können die Gerichte selbst am wenigsten. Die lange Verfahrensdauer ist der Ausstattung der Gerichte durch das Land Brandenburg geschuldet. Durch diese langen Gerichtszeiten sind Korrekturen an Gebührensatzungen für Jahre rückwirkend fast immer nicht mehr möglich.
Die wesentliche Ursache liegt aber in den gesetzlichen Brandenburger Vorschriften. Diese sind so, dass in den letzten 20 Jahren Gerichte auf den verschiedenen Ebenen diese gesetzlichen Vorschriften teilweise sich widersprechend ausgelegt haben.
So war zum Beispiel von 2010 bis 2015 von Brandenburger Gerichten durch alle Instanzen bestätigt worden, dass die Beitragserhebung von den sogenannten „Altanschließern“ zulässig ist. Dann hat das Bundesverfassungsgericht diese Regelung gekippt. Bis zu dem Zeitpunkt hat zum Beispiel der KMS die erhobenen Beiträge den Gebührenzahlern in der Kalkulation der Verbrauchsgebühren gutgeschrieben. Nun mussten ca. 17.300.000 Euro zurückgezahlt werden. Die Gebühren konnten aber über so langen Zeitraum nicht mehr korrigiert werden. Es entstand ein erheblicher Verlust beim Verband.
Danach wurde versucht, entsprechend den Vorgaben des Brandenburger Oberverwaltungsgerichtes, bei den Verbrauchsgebühren für den Kubikmeter Trinkwasser und zu entsorgenden Schmutzwasser zu unterscheiden, zwischen denen, die Beiträge für die erstmalige Herstellung der Anlage gezahlt haben und denen, die keine Beiträge gezahlt haben. Diese Verfahrensweise wurde durch Gerichte im Land Brandenburg vom Prinzip bestätigt. 2023 hat dann das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass diejenigen, die hätten Beiträge zahlen müssen, diese aber nicht bezahlt haben, so in der Kalkulation für die laufenden Verbrauchsgebühren zu behandeln sind, als wenn sie Beiträge bezahlt haben. Dementsprechend wurden nun für 2024 die Verbrauchsgebühren vom KMS geändert. Dies führte zu einem Defizit von mehr als 4.500.000 Euro im Jahr 2024. Bei weiterer Anwendung dieser Auslegung des Brandenburger Kommunalabgabengesetzes würde dem Verband jährlich ein Defizit von ca. 700.000 Euro entstehen, der von den Gemeinden zukünftig jährlich aufzubringen wäre, davon von Rangsdorf ca. 280.000 Euro pro Jahr.
Diese Rechtsprechung hat das Brandenburger Oberverwaltungsgericht im letzten Jahr wieder insofern aufgehoben, als dass dies nur für die potentiellen Beitragszahler gelten soll, deren Beiträge in der Beitragskalkulation auch berücksichtigt wurden. Dem ist die Verbandsversammlung mit den für 2025 neu festgesetzten Gebühren gefolgt, rückwirkend war dies für 2024 nicht mehr umzusetzen.
Im letzten Jahr hat der KMS selbst ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes erhalten, nach dem Anlagen aus dem Anfang der 90er Jahren bei der Kalkulation der Verbrauchsgebühren nicht mehr herangezogen werden können. Dies traf davor schon die Beitragssatzungen mit denselben Gründen. Für Anlagen in der Trinkwasserversorgung und Schmutzwasserentsorgung konnte das Erfordernis der Kosten und somit die korrekten Ausschreibungen nach mehr als 25 Jahren nicht nachgewiesen werden. Nach wirtschaftlichem Recht sind über so lange Zeiträume nicht einmal mehr Rechnungen aufzuheben – das Brandenburger Kommunalabgabengesetz sieht hier aber Fristen für die Aufhebung der kompletten Beschaffungsunterlagen vor, die den Abschreibungsfristen entsprechend, also bis zu 80 Jahren!
Außerdem: Wer meint denn, dass er nach mehr als 20 Jahren zum Beispiel eine Trinkwasserleitung für den gleichen Preis erneuern kann? Nach der gesetzlichen Regelung im Kommunalabgabengesetz des Landes Brandenburg erfolgen die Abschreibungen nach Restbuchwert und nicht nach dem Wiederbeschaffungswert.
Letztendlich legen die unterschiedlichen Gerichte nur ein vom Landtag beschlossenes Gesetz aus. So unterschiedliche Auslegungen für ein und dasselbe Gesetz sprechen nicht unbedingt für die eindeutige rechtsichere Formulierung des Gesetzes. Wenn dieses Gesetz die Erhebung von kostendeckenden Verbrauchsgebühren unmöglich macht, dann wird die Verbrauchsgebühren zukünftig über die Steuereinnahmen der Kommunen zu bezahlen sein. Die jährlichen ca. 280.000 Euro machen einen Hebesatzanteil von ca. 45 % bei der Grundsteuer aus, die aus Rangsdorf zu zahlen wären.
Eine Ablehnung des Wirtschaftsplanes mit den Umlagezahlungen durch die Vertreter der Gemeinde Rangsdorf in der Verbandsversammlung würde unter anderem die Erschließung der neuen Oberschule gefährden. Außerdem sind die gesetzlichen Regelungen in Brandenburg eindeutig, die Defizite haben die Mitgliedskommunen zu tragen.
gez. Rocher
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